ANA1-4 Iwans Zimmer

ANA1 Igor Ukraine
Kategorie: Allgemein Autor: ANirgends

Igor sah, dass Iwan zum Aufzug ging und folgte mit einigen Minuten Abstand. Die Zeit nützte er, indem er an einem Panoramafenster stehend den Ausblick aus dem ersten Stock auf das Hafengelände auf sich wirken ließ. Es war dort relativ dunkel, weil alle Angst vor dem nahen Krieg hatten. Aber dennoch sah man etliche beleuchtete Schiffe an den Kais und einige wenige Nachtschwärmer auf der mit Palmen gesäumten Promenade flanieren. Einmal tief seufzend löste sich Igor vom Ausblick, ging zu den Aufzügen und drückte die Ruftaste. Er war stolz darauf, wie es ihm mit einem Trick gelungen war, das Zimmer neben Iwan zu bekommen. Als er früh abends von der Metallurge kommend im Parkhotel eincheckte, hatte er sich erst einmal umgesehen und dann das Zimmer direkt über der Bar genommen – sehr zur Verwunderung der Angestellten an der Rezeption. Danach hatte er im Restaurant beim Abendessen auf die Ankunft von Iwan gewartet und war nicht wenig verwundert, ihn in Begleitung einer sehr schönen blonden Frau anzutreffen. Die Beiden aßen mit gutem Appetit und nahmen keine Notiz von Igor, der an einem abgelegenen Tisch saß und mit seinem Tablet spielte. Spielen war nicht ganz der richtige Ausdruck. Er hatte eine ausgefuchste Sniffersoftware am Tablet installiert und bei der Ankunft der Beiden, deren IMEI Adressen registriert (eine IMEI ist eine eindeutige Nummer auf SIM Karten und zur eindeutigen Identifikation des Geräts unentbehrlich). Er sendete eine Test-SMS und konnte so erkennen, welches Gerät das von Iwan war (die Dame reagierte auf die SMS, also war die andere IMEI jene von Iwan, folgerte Igor). Nun wurde es technisch – Iwans Handy war offen wie ein Scheunentor – sowohl Bluetooth als auch WLAN waren aktiviert. Es waren zwar Sperren vorhanden, aber die konnten Igors teuren Programmen keine zehn Minuten widerstehen. Danach war das Handy von Iwan ein ‚Zombie‘ und Igor installierte von seinem Tablet aus eine Überwachungsapplikation, die er fernsteuern konnte. Wichtig war ihm, dass die App auf Anfrage GPS Daten übertrug und alle Gespräche aufzeichnen konnte. Somit konnte Igor nach dem Abendessen durch einen Spaziergang herausfinden in welches Zimmer sich Iwan zurückgezogen hatte, nur indem er die Gänge des Hotels auf und ab ging.
Danach, in seinem Zimmer gönnte er sich einen Talisker, 18 Jahre, von der Isle of Sky aus der Zimmerbar und wartete, bis es in der Karaoke Bar lauter wurde. Als dies eintrat, wandte er sich an die Rezeption, nachdem er sich vergewissert hatte, dass dort das Personal inzwischen gewechselt hatte, und verlangte, Verärgerung über den Lärm vorgebend, ein ruhigeres Zimmer. Durch geschickte Gesprächsführung wurde es dann das Zimmer neben Iwan, wohin er sich nun, nachdem Iwan zu Bett zu gehen schien, auch zurückzog.
Das Zimmer war im obersten Stockwerk und der Ausblick auf das Meer selbst vom Bett aus wunderbar. Igor saß im Bett, einen Notizblock in der Hand, das Tablet neben sich und über Kopfhörer die Gesprächsnotizen der Spionage-App abhörend.
„In Grönland wird es schwierig“ …. „Du bist ein Hund und solltest dich ein wenig unauffälliger verhalten – belle ein wenig öfter“ … „was wird Nick sagen? Reicht das für die Freiheitspartei?“ … „das Gold kommt in den Tank oder lieber die Edelsteine?“ … „Tulcinea, das ist aber nicht dein Ernst“ … „Das mit den Beamten ging gut, die Papiere bekommen wir zum Mittagessen“ ... „Wie ist das Wetter in Astana? Warm oder kalt?“ … „Gute Nacht“.
Igor war etwas frustriert. Eigentlich dachte er bisher nahe am Ziel seines Auftrages gewesen zu sein und das Geturtel von Iwan und dieser Tulcinea als Beweis der Untreue von Iwan mit nach Moskau nehmen zu können. Aber davon war keine Spur. Es wurde nur sehr allgemein gesprochen, gealbert und es gab ein paar kryptische Sätze, die Igor nicht verstand. Auch wunderte er sich darüber, dass da neben Iwan und Tulcinea eine dritte Person im Zimmer zu sein schien. Außerdem gab es einen Hund.
Nun denn. Igor legte die Kopfhörer zur Seite, stellte die App auf Iwans Handy wieder auf Überwachung und legte sich schlafen.
Im Bett liegend grübelte er weiter. Wenn es in der Nacht etwas zwischen Iwan und Tulcinea geben würde, würde die App das aufzeichnen, weil das Handy günstig zu liegen schien – man konnte leichte Schlafgeräusche vernehmen. Falls nicht – musste er dranbleiben und entweder später Beweise finden oder es gab noch eine andere Dame in diesem Spiel, die es zu finden galt.
Nun, die App war installiert und es genügte, wenn er ab jetzt alle paar Tage in die Nähe von Iwan kam, um die Daten abzusaugen. Der Detektiv war mit sich zufrieden und schlief vorerst ruhig und entspannt ein.

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